Ohio – Yasmin

Yasmin und eine Freundin

Ein Jahr, eine neue Familie, tausend neue Erlebnisse, hundert neue Freundschaften ... und vor allem eins: eine wertvolle Erfahrung. So in etwa würde ich meinen Austauschjahr in Cleveland, Ohio beschreiben.

Es war eine einmalige Erfahrung, die ich um nichts in der Welt eintauschen würde, aber darauf komme ich nochmal später zurück.

Ich möchte mit meiner Gastfamilie anfangen. Wie auch viele andere, habe ich mich gefragt, wie diese wohl ausschauen wird und ob ich diese überhaupt mögen werde und wo die eigentliche Reise hingeht. Gespannt hat meine Familie und vor allem ich auf den so schwer erhofften Anruf gewartet, bis er dann an einem schönen Dienstag im August kam und mir berichtet wurde, dass ich eine »Welcome Hostfamily« in Ohio bekommen habe. Ich muss sagen die Anfangsfreude war doch sehr groß, doch verging diese, nachdem mir der Abflugtermin genannt wurde. Ich musste mich innerhalb von einer Woche von meiner Familie und Freunden trennen. Obwohl mir schon Wochen zuvor gesagt wurde, dass dieser Fall bei jedem auftreten kann war ich doch sehr geschockt und realisierte erst im Flugzeug, dass ich mein gutes, altes Zuause erst in einem Jahr wiedersehe.

Als ich dann endlich nach einer langen Reise erschöpft bei meiner Welcome Gastfamilie und meiner super netten Localkoordinatorin (sie war wirklich die beste LC, die man sich nur vorstellen kann) ankam, war ich doch sehr müde und wollte nur noch ins Bett. In den weiteren Wochen wurde dann für mich meine »richtige« Hostfamily gesucht, da meine Welcome-Gastfamilie nicht das ganze Jahr hosten konnte. Wie es der Zufall wollte, sprach sich dies auch in der Schule herum und wie aus dem Nichts kam auch schon meine zukünftige Gastschwester rausgesprungen, die mir voller Freude sagte, dass ihre Familie mich für ein Jahr aufnehmen werde. Nach ca. eine Woche war mein Umzug schon im Kalender markiert und ich freute mich schon auf die neue Familie, da ich so meine geliebte neue High School nicht verlassen musste.

Ich hatte doch eine sehr große Gastfamilie, die aus Mom & Dad (und tatsächlich habe ich sie auch so genannt), vier Gastbrüdern sowie vier Gastschwestern. Allerdings lebten nur vier der Kinder mit mir im Haus, da die Anderen entweder im College oder schon ausgezogen waren. Da ich selber wie ein Einzelkind aufgewachsen bin, seit ich neun Jahre alt war, war ich doch froh, mehr Geschwister bekommen zu haben. Ich muss sagen, dass ich alle meine Gastgeschwister in diesem Jahr sehr ins Herz geschlossen habe und ich auch wirklich alle meine Geschwister nenne. Ich wurde wie ein normales Familienmitglied angesehen und auch so behandelt. Daher hatte auch ich Pflichten im Haushalt und Regeln, an die ich mich halten musste. Meine Gastfamilie ist sehr viel mit mir verreist. Und dafür bin ich ihnen sehr dankbar, da man so etwas nicht von jeder Gastfamilie erwarten kann.

In dem schönen »Midwest« bin ich Ende August 2011 zum ersten Mal auf die Bedford High School gegangen, die mich Anfangs doch überforderte. Nicht nur, dass mir die Schule im Vergleich zum Gymnasium, das ich besuche, vorkam wie ein Labyrinth, es kam noch dazu, dass ich anfangs ziemlich geschockt war von der sehr lieben, ja schon fast zu lieben Art meiner Mitschüler. Hinzu kam, dass ich auf einer dominanten afro-amerikanischen Schule war, was mir persönlich anfangs, als ich davon erfuhr, problematisch vorkam. Im Nachhinein mache ich mir allerdings Gedanken, warum ich so dachte, weil ich im Endeffekt die beste Zeit auf der Schule hatte. Ja wirklich! Die beste Zeit in der Schule zu haben ist hier nicht wirklich vorstellbar, jedoch haut einen alleine der School-Spirit, der in den Schulen herrscht, schon so um, dass man wortwörtlich in dieser Euphorie mitgerissen wird.

Nachdem ich in den ersten Wochen die ersten Freundschaften geschlossen habe und ich langsam aber sicher immer vertrauter wurde mit der Schule, fing auch schon das Basketballtraining an. Da ich schon seit drei Jahren zuvor Basketball gespielt habe, dachte ich anfangs, dass das Training mich wahrscheinlich nicht so viel fordern wird. Tja, falsch gedacht, ich bin an meine Grenzen gekommen und wurde von meinen Teammates wirklich sehr unterstützt. Wir haben jeden Tag zwei Stunden trainiert und haben dadurch knapp drei Monate unsere Freizeit geteilt, welches unseren Teamgeist sehr stärkte, den ich noch nie zuvor so erlebt habe.

Außer im Basketballteam war ich auch im Ski-/Snowboardteam, Yearbook sowie im alljährlichen Frühlings Musical. Außerdem habe ich auch viel mit meinen Gastgeschwistern gemacht, allerdings muss ich auch zugeben, dass Schule nicht so einfach war, wie Anfangs gedacht. Das Notensystem war einfach sehr viel strenger als in Deutschland und Physik als einzige Zehntklässlerin zu haben, war doch eine Herausforderung. Jedoch wurde mir Hilfe von den Lehrern nach der Schule angeboten, die ich oft und gerne annahm. Außerdem ist das Verhältnis zwischen Schüler und Lehrern ganz anders als in Deutschland. Ich hatte das Gefühl, ich habe oft mit einem Freund anstatt mit einem Lehrer gesprochen und das gab mir oft auch die Motivation, weiter zu machen, auch wenn ich müde war oder leicht Heimweh hatte.

Auch ganz schön waren die ganzen Schulbälle wie Homecoming und Prom. Dabei war das Vorbereiten mit Freunden doch mehr Spaß als das eigentliche Event. Ich habe innerhalb kürzester Zeit sehr viele neue Freunde kennen und sehr viel dazu gelernt. Man sollte außerdem nicht vergessen, dass sich meine Englischkenntnisse um weites verbessert haben und ich innerhalb weniger Wochen in den USA schon auf Englisch geträumt habe. Ich spreche sowie verstehe jetzt fließend Englisch. Außerdem habe ich durch das Wählen von American History Leistungskurs und Englisch Leistungskurs die Grundbausteine für meine Leistungskurse in Deutschland gesetzt, welche mir jetzt sehr helfen!

Die Erfahrungen, die man in diesem Jahr sammelt sind einmalig! Jetzt, wenn ich zurückblicke, habe ich doch das Gefühl, dass ich erwachsener geworden bin und ich mich positiver verhalte als vorher. Ich bin sehr dankbar für diese Möglichkeit und wenn ich es wieder machen könnte, würde ich es auf jeden Fall wieder verwirklichen. Ich kann einen Austausch nur weiterempfehlen, weil es einem einfach neue Perspektiven in verschiedene Sachen öffnet und es einfach ein Erlebnis für sich ist. Man kann das Gefühl eines Returnees, wie mir, nicht beschreiben. Man muss es erlebt haben, um all dies nachvollziehen zu können und ich kann dieses Erlebnis einfach nur weiterempfehlen.