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Halbzeit – Crazy how time goes by so fast!

Halbzeit – Crazy how time goes by so fast!

Fünf Monate, so lange lebe ich schon meinen Traum von einem Auslandsjahr in den USA. Die Zeit vergeht rasend schnell und schon ist Halbzeit.

Fünf Monate, so lange lebe ich jetzt schon meinen Traum von einem Auslandsjahr in den USA. Die Zeit vergeht rasend schnell und schon ist Halbzeit im »Exchange Year«. Aber hey, noch habe ich weitere fünf Monate in den Vereinigten Staaten von Amerika vor mir. Weitere fünf Monate, die hoffentlich noch viele, schöne, gemeinsame Abenteuer mit meiner »zweiten Familie« und meinen neugewonnenen Freunden hier in den Staaten für mich bereithalten. Wie heißt es doch so schön: Noch ist das Glas halbvoll!

Dezember, ein Monat voller Traditionen

Dezember, der Monat, in dem sich die Ereignisse überschlugen: Nachdem wir Ende November unsere vier Weihnachtsbäume geschmückt und unsere »Stockings« am Kamin aufgehängt hatten, waren wir alle im totalen »Christmas Fever«. Wir schauten so viele Weihnachtsfilme wie ich es noch nie zuvor in Deutschland tat, hörten nahezu pausenlos Weihnachtsmusik, backten unendlich viele Plätzchen, gingen Schlittschuhlaufen und packten mit viel Vorfreude Geschenke ein.

Auch in der Schule war nicht zu übersehen, dass die »schönste Zeit des Jahres« nun begonnen hatte. Da ich mich zu Beginn des Schuljahres dem FBLA-Club (FBLA: Future Business Leaders of America) angeschlossen hatte, konnte ich viele neue Traditionen schon in der Vorbereitung miterleben. Wir spielten »Secret Santa« und beschenkten so unsere Mitschüler, verteilten Süßigkeiten, bastelten unsere eigenen »Stockings«, die kurz vor den Weihnachtsferien dann gefüllt wurden oder tranken gemeinsam heiße, mexikanische Schokolade.

Da Nikolaus in den USA nicht so traditionell wie in Deutschland gefeiert wird, es aber meiner Meinung nach unverzichtbar ist, spielte ich kurzerhand selber Nikolaus und so waren am Nikolausmorgen die Schuhe meiner Gastfamilie mit allerlei Süßigkeiten gefüllt. Schließlich geht es ja um Kulturaustausch und Nikolaus war eine schöne Gelegenheit, ein mir von klein auf sehr liebgewonnenes, vertrautes Familienfest in Amerika noch bekannter zu machen und unsere Tradition in dieses Land hineinzutragen. Am Nikolaustag haben wir uns schließlich noch mit der besten Freundin meiner Gastmutter und ihren Kindern getroffen, um gemeinsam ein »Weihnachtsessen« zu haben und »Gingerbread Houses« zu dekorieren. Auch das »Gift Exchange« durfte hier natürlich nicht fehlen. An diesen Tag erinnere ich mich gerne zurück. Zu sehen, wie viel Spaß Groß und Klein beim Verzieren der Lebkuchenhäuser hatten, hat mich richtig glücklich gemacht.

Als ob der Dezember nicht ohnehin schon aufregend genug wäre, habe ich auch noch am 16. diesen Monats Geburtstag. Dieser Geburtstag war mein »Golden Birthday«, da ich am 16. Dezember 16 Jahre alt wurde. Der »Sweet Sixteen« wird in Amerika ungefähr so groß gefeiert wie zu Hause in Deutschland der 18. Geburtstag. An meinem Geburtstag hatte ich natürlich ganz normal Schule und im Anschluss noch Basketball-Training, bevor es dann abends nach Hause ging. Aber nicht ohne bei Taco Bell zu stoppen, um dort unser Abendessen abzuholen. Das Beste aber war der Chocolate Creme Pie, den meine Gastmutter extra zu meinen Ehren gebacken hatte. Die allergrößte Überraschung war aber, dass ich sogar zwei Pakete aus Deutschland erhielt, eines von zu Hause und eines von meinen Cousinen. Mein 16. Geburtstag war wirklich wunderschön und ich werde ihn mit Sicherheit in meinem ganzen Leben nicht vergessen.

Natürlich durfte ich auch mit meinen Freunden eine coole Geburtstagsparty feiern, wofür meine Gasteltern heimlich extra die Scheune in einen Partyraum mit vielen liebevollen Dekorationen verwandelten. Wir hatten an diesem Nachmittag großen Spaß beim »Tabu«-Spiel und »Blindfolded Twister«, tanzten ausgelassen, aßen Tacos, machten viele Fotos und verbrachten so auch noch gemeinsam einen tollen, unvergesslichen Abend.

Auch meine Gastmutter hatte im Dezember Geburtstag, genauer gesagt am 24.12.! Um ihr einen besonders schönen Ehrentag zu bereiten, standen meine Schwester und ich schon um 6.30 Uhr in der Früh auf, bereiteten ein Frühstück zu und brachten es ihr ans Bett, denn so startet doch jeder gerne in seinen Geburtstag. Wir schauten Weihnachtsfilme, dekorierten – mehr schlecht als recht – unsere Weihnachtsplätzchen (auch wenn sie sehr lecker schmeckten, so hätten sie mit Sicherheit beim Wettbewerb »Wer hat die am hässlichsten aussehenden Plätzchen?« haushoch gewonnen). Aber hier sagt man: »Don’t judge the book by its cover!« Um den Abend abzurunden, spielten wir gemeinsam »Das Spiel des Lebens« und aßen »Eiscreme-Torte« – yummy!

Basketball-Season

Mitte Dezember habe ich mich schließlich dazu entschlossen, auch noch dem Basketball-Team meiner High-School beizutreten. Das war für mich eine echt schwierige Entscheidung, da ich bereits Mitglied des Volleyball- und des Cheerleading-Teams war und tatsächlich neben dem normalen Schulunterricht sportlich sehr aktiv und dadurch ziemlich »busy« bin. Da aber sowohl meine Gastmutter als auch meine Gastschwester die ganze Zeit mit Basketball beschäftigt waren – meine Gastmutter als Coach und meine Gastschwester als Spielerin – wollte ich auch hieran gerne teilhaben, nicht zuletzt auch, um mitreden zu können.

Es gab für mich allerdings noch einen Grund, warum ich mit mir haderte, denn ich hatte noch nie zuvor ernsthaft Basketball gespielt. Ich hatte Angst, das ganze Team aufzuhalten, da ich tatsächlich »bei Null« anfangen würde. Letztendlich habe ich dann mit meiner Gastmutter darüber geredet und ihr meine Bedenken anvertraut. Natürlich konnte sie mir die Entscheidung nicht abnehmen, dennoch half es, mit jemandem darüber zu reden. Meine Freunde meinten, ich solle mich dem Team anschließen, denn was hatte ich schon zu verlieren? Außerdem hatte ich mir vor meinem Auslandsjahr fest vorgenommen, soviel wie möglich auszuprobieren. Und so entschied ich mich schließlich auch noch für Basketball.

Jetzt habe ich schon knapp einen Monat Practice und kann jetzt sagen, dass ich für mich die richtige Entscheidung getroffen habe. Durch Basketball lerne ich nämlich auch, nicht immer die Beste sein zu müssen und mich mit kleinen Fortschritten zufrieden zu geben. So ist das eben, wenn man mit etwas ganz Neuem anfängt. Bei jedem Training lerne ich dazu. Ich bin mir zwar bewusst, dass ich nicht wirklich gut spiele, aber das macht mir inzwischen überhaupt nichts mehr aus. So setze ich mich nicht mehr so sehr unter Druck, wie ich es leider viel zu häufig mache.

Auch meine Mitspieler sind sehr nett und unterstützen mich, erklären mir unermüdlich die Regeln. Das Team sieht, dass ich ernsthaft versuche, stets das Beste aus mir herauszuholen und unterstützt und motiviert mich dabei immer wieder – ein echtes Team eben! Dadurch wachse ich an meinen täglichen Herausforderungen. Ich scherze im Practice öfter mal damit, dass ich am Ende der Season noch ein echter »Profi« sein werde! Inzwischen macht mir Basketball unheimlich viel Spaß, ist aber zugegebenermaßen auch verdammt anstrengend, vor allem mit der Maske, die wir zum Schutz vor einer Ansteckung mit Corona auch während des gesamten Trainings tragen müssen.

Wer sich jetzt fragt, warum ich das hier so ausführlich beschrieben habe: Jeden Tag muss man Entscheidungen treffen und manchmal fällt es einem schwer, weil man tatsächlich nie im Voraus genau weiß, was auf einen zukommt. So ist das sicher auch für den ein oder anderen, wenn es um die Entscheidung geht, für längere Zeit fern von der Familie ins Ausland zu gehen, wo tatsächlich ALLES anders ist, nicht nur die Sprache. Es handelt sich dabei auch um eine Herausforderung, an der man nur wachsen kann und Erfahrungen sammelt, die einem niemand mehr nehmen kann. Und manchmal wächst man sogar über sich selbst hinaus. Aber auf alle Fälle lernt man dazu.

Schulsport in Amerika

Schulsport in Amerika hat einen ganz anderen Stellenwert als in Deutschland. Er wird viel ernster genommen. Das kann man schon daran erkennen, dass Practices häufig länger als zwei Stunden andauern. Außerdem haben wir vier Coaches, die mit uns Conditioning machen, die einzelnen Taktiken durchgehen und uns jede Menge Theorie vermitteln. Die Coaches reden mit uns Schülern auch über die richtige Ernährung während der Saison, aber vor allem auch vor einem Spiel. Wir spielen in einer League gegen andere Schulen aus unserem Bezirk und haben auch »Teambondings«, wie z.B. ein gemeinsames Dinner.

Ich liebe den Schulsport bzw. die Sport-AGs hier. Ich glaube, den Schulsport in Amerika kann man eher mit hochqualifiziertem Vereinssport in Deutschland vergleichen. Ich persönlich finde auch, dass das Schulsport-System in Amerika sehr viel praktischer ist, da man so nach Schulschluss einfach in der Schule bleibt und Zeit spart, da man nicht noch erst durch die halbe Stadt fahren muss, um zu seinem Club zu gelangen. Außerdem kostet dieser Sport nichts, was meiner Meinung nach sehr gut und vor allem gerecht ist, da so jeder die Gelegenheit hat, qualitativ guten Sport treiben zu können – völlig unabhängig vom Geldbeutel.

Weihnachten

Weihnachten in Amerika findet am 25. Dezember statt, und nicht wie in Deutschland schon am 24. Dezember, was für mich eine ganz neue Erfahrung war. In »Matching Pyjamas« verbrachte die ganze Familie, mit Ausnahme meines Gastbruders, der leider vormittags arbeiten musste, den Weihnachtsmorgen damit, Filme zu schauen. Als mein Gastbruder nach der Frühschicht endlich nach Hause gekommen war, hatte das Warten schließlich ein Ende und wir konnten endlich mit der Bescherung beginnen.

Am meisten Spaß hat es mir gemacht, die glücklichen Gesichter meiner Gastfamilie zu sehen, als sie die Geschenke von meiner Gastschwester und mir geöffnet haben, die wir mit großer Sorgfalt ausgesucht und schließlich gemeinsam rechtzeitig am 23. Dezember mit viel Liebe eingepackt hatten. Da wir schon am Nachmittag des 25. Dezembers nach Pennsylvania geflogen sind, besorgten wir unser »Weihnachtsmenü« bei Chic-Fil-A. Nach der Bescherung und dem gemeinsamem Mittagessen ging es dann daran, die Koffer für unseren Trip nach Pennsylvania zu packen, auf den wir schon die ganze Woche hingefiebert hatten.

Girlstrip nach Pennsylvania und Washington D.C.

In Pennsylvania besuchten wir die Eltern meiner Gastmutter. Da die Entscheidung zu diesem Trip sehr kurzfristig gefasst wurde, wussten meine Gastgroßeltern nichts von diesem Überraschungsbesuch. Wir verbrachten viel Zeit mit gemeinsamen Brettspielen, quatschten über alles Mögliche, schauten Football oder eine Folge von »The Office«, der heißgeliebten Serie meiner Gastschwester und meiner Gastmutter.

Am 28. Dezember machten wir uns morgens gegen 6.00 Uhr auf den Weg nach Washington D.C., die Hauptstadt der USA. Nach einer dreistündigen Autofahrt waren wir endlich angekommen und konnten unsere Erkundungstour starten: Angefangen beim Kapitol, über das Washington Monument, das »White House«, bis hin zum World War II- und zum Lincoln-Memorial.

Ich kann es immer noch nicht so richtig glauben, dass ich »mal eben« in Washington D.C. war. Wenn man all diese vielen berühmten Sehenswürdigkeiten nur aus dem Fernsehen kennt, dann aber plötzlich vor ihnen steht, ist das unbegreiflich. Für mich war das alles sehr beeindruckend. Damit wir auch so viel wie möglich sehen konnten, liehen wir drei – meine Gastmutter, meine Gastschwester und ich – einfach Roller und Fahrräder aus. Das hat großen Spaß gemacht und so konnten wir innerhalb kürzester Zeit sehr viele Sehenswürdigkeiten besuchen.

Unser Trip war aber noch nicht vorbei: Weiter ging es nach Virginia, das tatsächlich nur ungefähr zehn Minuten entfernt gelegen ist. Gemeinsam aßen wir in einem französischen Café, um uns erst einmal zu stärken. Richtig gelesen! Wir saßen wahrhaftig in einem Café und das zu Corona-Zeiten, was daran lag, dass in Virginia andere Corona-Regeln gelten als in Colorado oder anderen Staaten. Und ich muss sagen, dass wir drei sehr glücklich darüber waren, endlich nach langer Zeit mal wieder in einem Restaurant sitzen zu dürfen. Uns ist aufgefallen, dass wir das jetzt noch viel mehr wertschätzen, weil es eben wegen Corona nichts Selbstverständliches ist.

Unser Ziel in Virginia: »George Washington’s Mount Vernon«! Dieser Besuch war echt etwas ganz Besonderes und sehr interessant. Wir hatten nicht nur die Möglichkeit, das Zuhause des allerersten Präsidenten der Vereinigten Staaten zu besuchen, wir konnten sogar gleichzeitig auch noch viel Geschichtliches lernen. Nach unserem Stopp beim »Marine Corps War Memorial« machten wir uns dann gegen 18.00 Uhr mit vielen Erinnerungen im Gepäck auf den Rückweg nach Pennsylvania, wo wir noch bis Donnerstagmorgen, dem 31. Dezember blieben, bevor wir wieder zurück nach Colorado flogen.

Silvester

Silvester, besser gesagt New Year’s Eve, wird in Amerika ganz anders verbracht, als ich es in Deutschland gewohnt bin. Um ehrlich zu sein, war ich sogar ein bisschen enttäuscht, da sich dieser Tag wie jeder andere angefühlt hat. Es gab kein Raclette oder Fondue, kein Feuerwerk und auch keine Wunderkerzen… Letztendlich war ich sogar die einzige, die bis Mitternacht aufgeblieben ist.

Im Fernsehen verfolgte ich, auch wenn es keine Live-Übertragung war, da es in New York bereits zwei Stunden später war, den weltberühmten »Ball Drop« am Times Square, der seit 1907 jährlich an New Year’s Eve vom Dach des Wolkenkratzers »One Times Square« 43 Meter an einer Stange herabgelassen wird. Damit ich nicht ganz alleine ins Jahr 2021 »rutschte«, facetimte ich mit einer neugewonnenen Freundin, einer Austauschschülerin aus Italien, die auch ihr Auslandsjahr in Colorado verbringt. Tröstlich, dass es in diesem Jahr in der Heimat auch kein Silvesterfeuerwerk gab, da dies ja wegen der Corona-Pandemie in Deutschland größtenteils untersagt wurde.

Es geht weiter…

Ich freue mich riesig auf die nächsten Monate in den USA und kann es kaum erwarten, weitere aufregende Abenteuer zu erleben. Auch wenn ich mir sicher bin, dass die nächsten fünf Monate viel zu schnell vorbeigehen werden, habe ich mir vorgenommen, sie bewusst intensiv zu genießen, das Beste aus jedem Tag herauszuholen und Neues mit meinen Freunden auszuprobieren. Ich bin schon ganz gespannt auf mein erstes Basketball-Game, das erste Mal »cheeren« für Basketball, unsere »Cheerleading State Competition« oder auch die Volleyball-Season, die im März starten wird. All diese Dinge werden ganz neu für mich sein, weshalb ich umso neugieriger bin und deshalb gerne all diese sportlichen Herausforderungen annehme.

Manchmal weiß ich echt nicht, was ich noch sagen soll oder wie ich anderen begreiflich machen kann, wie unendlich glücklich ich hier bin und was mir dieses Jahr bedeutet. Auch auf die Gefahr hin, dass ich mich wiederhole: Ich hätte es nicht besser antreffen können! Ich bin allen zutiefst dankbar, die mir dieses Abenteuer ermöglicht wurde. Diese »Happiness« ist teilweise echt schwierig in Worte zu fassen. Wenn ich abends im Bett liege und auf den vergangen Tag oder die vergangene Woche zurückblicke, kann ich es häufig immer noch nicht glauben, dass das wirklich ich bin, die all diese wunderbaren Abenteuer erleben darf. Und dann liege ich noch lange wach und denke darüber nach, wie es wohl sein wird, wenn ich mein zweites Zuhause im Juni wieder verlassen muss. Allerdings bleibt mir auch noch ein ganzes Semester Zeit. Also noch nicht darüber nachdenken, sondern nur aufsaugen und jeden Moment in vollen Zügen genießen, was ich hier erleben darf.

»Das Glas ist schließlich nicht halb leer, sondern immer noch halb voll.«

Dennoch wird mir immer mehr bewusst, wie sehr sich mein Leben hier von dem zu Hause in Deutschland unterscheidet und dass ich hier wirklich meinen Traum lebe. Aber, wie gesagt, noch habe ich weitere fünf Monate im Land der unbegrenzten Möglichkeiten, und die werde ich zu den besten meines bisherigen Lebens machen. Das kann ich euch definitiv versprechen.

Ich werde euch auf dem Laufenden halten.

Bis zum nächsten Mal.

Eure Lucie Joe

P.S.: Hört niemals auf zu träumen!