British Columbia – Lukas

Beinahe ein Jahr ist es her, dass ich wieder zurück in Deutschland bin. Damals wie heute war es für mich die richtige Entscheidung, fünf Monate rund 8.000 km entfernt von zu Hause in Britisch Columbia zu verbringen. Der Gedanke, für längere Zeit ins Ausland zu gehen, hatte sich bei mir in der neunten Klasse festgesetzt. Ich wusste nur noch nicht, welches Land es sein sollte: Großbritannien, die USA, Kanada oder gar nach Australien oder Neuseeland? Fest stand für mich, dass es ein englischsprachiges Land sein sollte.

Mein Vater zeigte mir irgendwann eine Zeitungsanzeige von Stepin. Wir sind dann gemeinsam zu einer Stepin-Informationsveranstaltung gefahren und hatten beide sofort einen sehr positiven Eindruck von Stepin und den Partnerorganisationen aus den Gastgeberländern. Neben Präsentationen von Regionen gab es viele Möglichkeiten, mit Vertretern aus den Gastgeberländern und Schülerinnen und Schülern ins Gespräch zu kommen, die über ihre dortigen Erfahrungen berichteten.

In einem Vorstellungsgespräch bei Stepin habe ich mich dann über die Besonderheiten der einzelnen Schulbezirke informiert. Meine Wahl fiel schließlich auf den Greater Victoria School District auf Vancouver Island. Drei Monate später und nach dem Ausfüllen langer Fragebögen, mit denen ich dort vorgestellt wurde, war eine Gastfamilie für mich gefunden. Mit Informationsbriefen kamen alle wichtigen Informationen bis hin zum Flugticket und dem Zeitplan.

Am Tag der Abreise waren meine Gefühle gemischt. So lange und so weit weg von zu Hause in einer fremden Umgebung und Familie war ich vorher noch nicht – und es war mein erster Flug. Auf dem Flug waren wir zu viert und trafen in Vancouver zusammen mit vielen anderen Gastschülern ein, die aus anderen Städten angereist waren.

Mein Gastvater holte mich in einem landestypischen Pickup ab. Die Fahrt ging vorbei an riesigen Wäldern und Seen zu meinem neuen Zuhause. Ich war beeindruckt, wie anders und wunderschön Kanada ist. Meine Gastfamilie begrüßte mich herzlich. Meine Gastmutter sagte mir, dass ich nun Teil der Familie sei und bei jedem Problem auf sie zukommen könnte. So war es dann auch die ganzen fünf Monate lang.

Das erst landestypische Frühstück mit Pancakes mit Ahornsirup, Bacon, Wieners und Hashbrowns war ein Teil des Neuen, das mich erwartete.

Die erste Schulwoche war angefüllt mit Orientierungsveranstaltungen, die mich auf das Schulleben vorbereiteten. Vor allem kam ich in Kontakt mit Austauschschülern aus aller Welt, die später gemeinsam dieselben Schulen besuchten.

Überraschend war für mich, dass mein Stundenplan an meiner neuen Schule, der »Spectrum Community School«, lediglich aus vier Fächern bestand - Mathe, Englisch, kanadische Geschichte und Sport – jedes Fach jeden Tag 90 Minuten.

Der Sport war eine gute Gelegenheit, mit anderen Gastschülern und kanadischen Mitschülern in Kontakt zu kommen und Neues auszuprobieren, wie z.B. Football oder Softball.

Ich war überrascht, dass ich nach Ende der Schulstunden für die Schule nur wenig tun musste – und dennoch bekam ich sehr gute Noten. Das hatte ich mir viel schwerer vorgestellt. Falls ich mal nicht wusste, was zu tun ist, half mir der für mich zuständige Koordinator.

Highlights waren zwei Wochenendtrips mit meinem Schuldistrikt in das Skigebiet Whistler, in dem 2010 die olympischen Winterspiele stattfanden, und nach Vancouver. Zusammen mit vielen anderen Schülern genossen wir die wunderschönen und weitläufigen Pisten. Abends ging es gemeinsam zum Schlittschuhfahren und zum Essen.

Während am Anfang der Kontakt mit anderen Gastschülern und der Gastfamilie überwog, wurde die Zahl meiner kanadischen Freunde in den fünf Monaten immer größer. Wir unternahmen viel miteinander und die Gruppe der Austauschschüler an meiner Schule verstand sich sehr gut und verbrachte jede Lunchpause miteinander.

Besonders gefreut habe ich mich, als ich zum Ende des Schuljahres im Rahmen der alljährlichen Verleihung mit einem Award für meine sportlichen Leistungen ausgezeichnet wurde.

Ich verließ Kanada sehr traurig, weil ich viele neue Freunde und eine tolle Gastfamilie zurück lassen musste. In der Zeit wurde ich um Einiges erwachsener und selbstständiger. Auch fast ein Jahr später habe ich noch Kontakt mit meiner Gastfamilie und Freunden aus Kanada und der ganzen Welt.

Es war eine unvergessliche Zeit, ja vielleicht die beste in meinem bisherigen Leben.

Zurück in Deutschland lud Stepin zu dem jährlichen Returneetreffen ein, bei dem man sich mit vielen anderen Schülern austauschen konnte und gemeinsam ein lustiges Wochenende mit Kanufahren, Bogenschießen und vielem anderen verbringen konnte.