Georgia - Anja

»Hi, how are you? It’s so nice to meet you!« – Dies war der Satz, den ich während meines halbjährigen USA-Aufenthaltes am häufigsten zu hören bekam. Außer dieser großen amerikanischen Freundlichkeit und Höflichkeit lernte ich noch viele weitere positive Eigenschaften meines Gastgeberlandes kennen.

Ein Austauschjahr in die USA war schon immer mein Traum

Noch bevor ich überhaupt in Amerika ankam, bewältigte ich eine einjährige Vorbereitungszeit zu Hause: Das Finden einer guten Organisation (schnell wurde mir klar, dass Stepin die beste Wahl war), das Ausfüllen aller Unterlagen für die amerikanische Organisation, das Besorgen eines Visums und schließlich das Warten auf eine Gastfamilie. All dies nahm viel Zeit in Anspruch, doch ich erledigte es mit wahnsinniger Vorfreude. Ein Austauschjahr in die USA war schon immer mein Traum gewesen und dieser sollte schon bald in Erfüllung gehen.

Der erste Schritt, der mich an die amerikanische Wirklichkeit brachte, war das Eintreffen der Informationen über meine Gastfamilie. Ich war überwältigt. Eine vierköpfige Familie (meine Gasteltern Mark und Teresa und zwei Gastschwestern: Katelyn (16) und Emily (14)), deren Interessen fast identisch mit den meinen waren, dazu zwei Katzen und ein Hund, ein riesengroßes Haus mit Swimming Pool, die High School nicht weit weg und das alles im schönen Südstaat Georgia, an der Grenze zu South Carolina.

Das klang zu perfekt, um wahr zu sein. Ich konnte die Vorfreude kaum aushalten, doch als beim Vorbereitungsseminar in Frankfurt der Moment des Abschieds von meiner Familie kam, kullerte trotzdem die ein oder andere Träne. Am nächsten Morgen war dies aber auch schnell wieder verdrängt. Denn endlich trat ich gemeinsam mit 50 weiteren Stepin-Teilnehmern die Reise nach New York City an.

»Welcome home« - Von Florida bis nach Maryland…

Und dann war es so weit: im August war ich zum ersten Mal in meinem Leben in den Vereinigten Staaten von Amerika. Das 3-tägige Seminar in New York mit ca. 400 Austauschschülern aus der ganzen Welt stimmte uns gut auf die folgenden Monate ein. Schon sehr früh, nämlich auf meinen Weiterflug nach Augusta, Georgia, lernte ich, was es bedeutet, auf sich selbst gestellt zu sein und mit neuen und schwierigen Situationen umzugehen. Es gab einige Probleme mit meinem Flugticket und so kam ich erst vollkommen geschafft und mit mehrstündiger Verspätung an mein Ziel.

Dafür wurde ich umso herzlicher von meiner Gastfamilie mit mehreren Plakaten (auf denen z.B. stand: »Welcome home«) in Empfang genommen. Es zeigte sich sofort, dass meine Erwartungen gegenüber meiner Familie nicht zu hoch waren; ich kam nach einer kurzen Zeit zum Entschluss, die beste Gastfamilie auf der gesamten Welt bekommen zu haben.

Jedes Wochenende unternahmen wir etwas gemeinsam, wir reisten viel und so erfuhr ich eine ganze Menge über den berühmt-berüchtigten American Way of Life. Von Florida bis nach Maryland befuhren wir die ganze Ostküste. Neben so bedeutsamen Besichtigungen wie Washington D.C. oder Charleston in South Carolina, kam auch der Spaß nicht zu kurz, was der Besuch im Disneyworld und Sea World in Orlando, Florida, zeigte. Jeden nur möglich freien Tag nutzte meine Familie, um mir ein bisschen mehr von ihrem wunderbaren Land zu zeigen (dazu muss man noch sagen, dass es in den USA zwischen Sommer und Winter keine Ferien gibt). Für dieses große Engagement bin ich ihnen von Herzen dankbar und werde es nie vergessen. Ohne sie wäre mein Austausch nicht zu so einem großartigen Erlebnis geworden.

In Englisch wurde ich sogar Kursbeste

Selbstverständlich bestand mein Austausch nicht nur aus Urlaub und Rumreisen. Am dritten Tag nach meiner Ankunft in Augusta fing auch die Schule schon an. Da ich zum Glück zwei Gastschwestern ungefähr in meinem Alter hatte, die auch auf die Greenbrier High School gingen, wussten sie über alles Bescheid und hatten mir alles Nötige besorgt. Der Einstieg in eine amerikanische Schule war nicht so einfach. Alles war neu und vor allem anders. Das Schulsystem, die Leute, die Sprache, die Fächer, die Noten, so ziemlich alles.

Doch schon in der zweiten Woche war es vorbei mit den Schwierigkeiten. Die Lehrer wussten Bescheid, ich hatte mich größtenteils an das Neue angepasst, so zum Beispiel an die Einzeltische oder die morgendlichen Nachrichten der Schule, die in jedem Klassenzimmer im Fernseher ausgestrahlt wurden.

Das Ungewöhnlichste war die amerikanische Fahne in jedem Raum, zu der man täglich die so genannte »Pledge Allegiance« sprach, bei der man Treue und Verpflichtungen gegenüber der Flagge und somit auch gegenüber USA selber schwor. Außerdem hatte ich auch Freunde gefunden, mit denen ich gemeinsam Lunch verbringen konnte. Ich war der seltene Fall, dass ich an einer Schule mit knapp 2100 Schülern (für 4 Stufen wohlgemerkt) die einzige Austauschschülerin war. So waren alle Mitschüler hellauf begeistert, als ich ihnen erzählte, ich würde in Deutschland wohnen.

Ich bekam allerdings keine Ermäßigungen, was die Noten betraf, ich wurde genauso behandelt, wie alle anderen Mitschüler (mal davon abgesehen, dass ich bei den Tests mein Wörterbuch benutzen durfte). Es zeigte sich relativ schnell, dass ich keine Ermäßigungen brauchte, denn ich bekam fast überall 98%, 99% oder sogar sehr oft 100% und zählte bald zu den besseren Schülern meiner Stufe. In Englisch wurde ich sogar Kursbeste. Aufgrund meiner guten Schulleistungen wurden mir sogar die großen Examen am Ende des Semesters erlassen.

Da mir sowohl von der amerikanischen Partnerorganisation als auch von der Schule bestimmte Anordnungen zur Fächerwahl auferlegt worden waren, musste ich mich mit ganz »normalen« Fächern wie American Literature, US History oder Algebra and Trigonometry durchs Halbjahr bringen.

Umso mehr gefiel mir der School Spirit. Wir hatten Motto-Wochen, Homecoming (da wurde die Schülerin mit der besten Ausstrahlung zur Homecoming Queen gekrönt) und das Beste an einer amerikanischen Schule überhaupt: die Football Spiele freitags abends. Die gesamte Schule versammelte sich, um ihre Mannschaft anzufeuern, es gab eine extra Band von 200 Leuten (die Marching Band, bei der ich fleißig als Helfer agiert habe), die in der Halbzeit auf dem Rasen ihre Show gemacht hat. Ganz in grün und gold und mit unserem Schul-T-Shirt bekleidet, war ich bei jedem Spiel dabei. Diese Spiele waren ein beeindruckendes Erlebnis. Genauso wie die Pep-Rallies.

Einmal alle paar Wochen hatten wir einen gekürzten Stundenplan, damit die ganze Schule sich auf dem Football Stadion (später im Winter in der Halle) versammeln konnte, um das Football Team anfeuern zu können und ihnen zu zeigen, dass die Schule hinter ihnen steht. Dabei wurde auch ein Wettbewerb ausgetragen, welche Stufe am lautesten anfeuern kann und ich trug kräftig dazu bei, dass die Seniors auch ein paar Mal die Sieger wurden.

Die Zeit verging wie im Flug und schon bald war Januar und ich musste meine Rückreise nach Europa antreten. Mit vielen netten Gastgeschenken und Andenken und somit vieeeel zu schweren Koffern musste ich mich von meinem neuen zu Hause verabschieden. Ich hatte eine wunderbare Zeit verbracht, mit vielen neuen Erfahrungen, großartigen Erlebnissen und sehr viel Spaß. Ich kann jedem nur ans Herz legen: wer die Möglichkeit hat, ein Austausch zu machen, sollte es auf alle Fälle tun, es ist es wirklich wert! Und so sage ich allen zukünftigen Austauschschülern: HAVE FUN IN THE UNITED STATES OF AMERICA!

Anja Gralak