Ein Traum wird wahr

Ein Traum wird wahr

Ich hatte immer schon den Wunsch, typisch amerikanisch zu leben. Als ich mich für ein Auslandsjahr entschieden habe, ist dieser Traum wahr geworden.

Amerika war schon immer ein so cooles Land in meinen Augen. Alle meine Lieblingsfilme und Serien spielten in Amerika. Irgendwie hatte ich immer schon einmal den Wunsch, typisch amerikanisch zu leben. Als ich mich für ein Auslandsjahr in den USA entschieden habe, ist dieser Traum dann endlich wahr geworden.

Im Juli 2008 war ich das erste Mal in Amerika. Ich war mit meinen Eltern und meinem 8-jährigen Bruder in Florida und New York City. Da bin ich gerade fünf Jahre alt gewesen. Mit fünf Jahren habe ich noch nicht richtig verstanden, was für eine besondere Sache es eigentlich ist, in ein so großes, so weit entferntes Land zu fliegen. Ich kann mich leider nicht mehr an viel erinnern, da ich noch sehr jung war, jedoch kann ich mich daran erinnern, wie klein und winzig ich mich auf dem Empire State Building gefühlt habe, als wir ganz oben standen und die winzigen Autos und Menschen beobachtet haben. Amerika kam mir da so groß und faszinierend vor. Ich hatte das Gefühl, unglaublich viel Neues zu sehen, und dabei war ich nur in einer einzigen Stadt.

Eine andere Sache, an die ich mich für immer erinnern werde, ist die fremde Sprache. Ich war überrascht, aber viel mehr fasziniert darüber, dass die Menschen um mich rum plötzlich eine andere Sprache gesprochen haben. Und das Verrückteste war, dass sich meine Eltern (und mein Bruder auch minimal) mit ihnen verständigen konnten, während ich nur Bahnhof verstanden habe. Meine Mutter hat mir damals versprochen, dass ich diese Menschen auch irgendwann verstehen kann. Und naja, irgendwann konnte ich das dann auch…

Während mein Bruder ein Auslandsjahr in den USA verbracht hat, habe ich jede Menge Geschichten von ihm gehört. Immer mehr erzählte er mir, wie die amerikanische High School abläuft und wie das Leben als amerikanischer Teenager so ist. Ich habe angefangen, mich immer mehr mit dem Gedanken anzufreunden, auch ein Jahr in Amerika zu verbringen. Vor allem, als wir ihn 2017 in Vermont besucht haben und ich mit 14 Jahren auch Englisch sprechen und vieles verstehen konnte. Ich wollte auch unbedingt ein Jahr nach Amerika, meine eigenen Erfahrungen sammeln, neue Menschen und eine neue Familie kennenlernen, neue Dinge lernen und natürlich mein Englisch verbessern.

Im Spätsommer 2018 habe ich dann angefangen, mich zu informieren. Ich bin zu einigen Infotreffen von Stepin in Hamburg gegangen und habe dort viel erfahren bezüglich einem Auslandsjahr in Amerika. Nach der Präsentation, die uns gezeigt wurde, habe ich mich noch mehr darin bestätigt gefühlt, mich für ein Auslandsjahr zu bewerben. Dies fing danach auch direkt an. Nach einem unglaublich positiven Bewerbungsgespräch und endlosem Ausfüllen von Formularen, wurden mir nach einigen Wochen die Bewerbungsunterlagen zugeschickt. Die Bewerbung war mit viel Arbeit verbunden, jedoch habe ich sie sorgfältig ausgefüllt, vor allem der Brief an meine zukünftige Gastfamilie, da ich natürlich einen sehr guten Eindruck machen wollte, sodass sich auch eine passende Gastfamilie für mich entscheidet.

Ich habe nach dem Absenden meiner Daten nicht mehr viel darüber nachgedacht, bis eines morgens Anfang Februar meine Mutter in mein Zimmer gestürmt kam, während ich mich für die Schule fertig gemacht habe. Sie hielt mir ihr Handy hin, auf dem eine Mail geöffnet war. Ich überflog sie kurz, bis ich realisierte, dass sie auf Englisch war und sie von meiner zukünftigen Gastfamilie kam. Ich konnte es kaum fassen, ich würde bald in Nevada leben, in einem Vorort von Las Vegas, namens Pahrump. Meine Gastfamilie war perfekt, drei Gastgeschwister, eine 19-jährige Gastschwester im College, eine 16-jährige Gastschwester und ein 14-jähriger Gastbruder. Gastmutter, Gastvater und zwei Hunde. Es war perfekt. Es war schön, meine Gastfamilie so früh kennenzulernen, ich habe fast sofort angefangen mit meiner Gastmutter Lisa und meiner gleichaltrigen Gastschwester Samantha zu schreiben. Ich habe mich sofort gut mit meiner neuen amerikanischen Familie verstanden.

In den folgenden Monaten erwarteten mich viele Vorbereitungsseminare mit Stepin und Austausschülern aus meiner Region. Das hat ziemlich geholfen. Endlich habe ich andere Menschen getroffen, die sich in derselben Situation befanden. Ich konnte mich mit anderen Schülern austauschen, die die gleichen Ängste, Wünsche und Vorstellungen hatten wie ich.

Dann ging es endlich los…

Den Koffer zu packen war wahrscheinlich das stressigste, was ich jemals in meinem Leben getan habe. Was nimmt man mit, um zehn Monate ein neues Leben in einem komplett anderen Land zu leben?

Zwei volle Koffer später war es plötzlich nur noch eine Nacht vor meiner großen Reise. Ich weiß noch, dass es unglaublich heiß war und ich die Nächte davor im Zimmer meines Bruders im Keller geschlafen hatte, jedoch wollte ich die letzte Nacht in meinem eigenen Zimmer verbringen. Das Gefühl war komisch. Klar war ich traurig, dass ich meine Familie und Freunde für so eine lange Zeit verlassen musste. Jedoch war die Aufregung noch viel größer. Es war schwer, meinen Eltern am Flughafen ein letztes Mal zu winken, aber ich wusste, dass ich sie wiedersehen werde. Das machte es einfacher.

Es war aufregend, alleine am Flughafen zu sein, so ganz ohne Eltern oder Bekannte. Aber irgendwie machte es mich auch selbstbewusst. Der Flug war lange und anstrengend, aber ich war viel zu aufgeregt, um darüber nachzudenken.

Als ich dann endlich meine Gastfamilie getroffen habe und ich das erste Mal mein neues zu Hause gesehen habe, habe ich mich sofort unglaublich wohl gefühlt. Es war, als hätte ich meine neue Familie schon ewig gekannt. Ich glaube, das hat mich ziemlich beruhigt.

Amerikanische High School

Zwei Wochen nach meiner Ankunft hatte ich meinen ersten Tag an meiner neuen Schule. Ich war bereits einmal dort, um mich anzumelden und meine Kurse zu wählen. Dadurch wusste ich ungefähr, zu welchen Klassenräumen ich musste. Der erste Schultag war unglaublich aufregend. Ich hatte leider nur einen anderen Kurs mit meiner Gastschwester, sodass ich fast den ganzen Tag niemanden kannte.

Jedoch änderte sich das schnell, ein paar Schüler waren ziemlich interessiert an mir. Viele hatten schon von den Austauschülern an der Schule gehört und fragten mich, da ich ja neu war. Jedoch musste man auch als Austauschüler auf andere Menschen zu gehen. Zum Beispiel habe ich zwei Mädchen gefragt, wie der Zugang zum Internetportal funktionierte, das meine Schule nutzte. Dadurch kam ich sofort mit ihnen ins Gespräch und sie wurden später sogar gute Freunde von mir. Eine andere sehr gute Freundin habe ich kennengelernt, da wir fast alle Kurse miteinander hatten. Wir konnten uns viel austauschen, das hat uns beiden sehr geholfen und wir waren mein ganzes Austauschjahr miteinander befreundet.

Die Kurse, die ich belegte, waren: Psychologie, Englisch, Drama beziehungsweise Theater, Anatomie, Algebra 2, Study Hall (extra Stunde zum Bearbeiten von Hausaufgaben) und US Geschichte.

An meiner Schule hatte ich jeden Tag die gleichen Kurse, das kann am Anfang etwas langweilig werden, jedoch gewöhnt man sich schnell dran. Jedoch haben nicht alle amerikanischen High Schools dieses System.

Meine Schule war nur 5 Minuten von meinem Haus entfernt. Ich wurde zusammen mit meiner Gastschwester und unserem Nachbarn von meiner Gastmutter dorthin gefahren.

Freizeit

An amerikanischen High Schools wird Sport sehr großgeschrieben. Viele Teenager sind sehr ambitioniert, da sie durch den Sport auch Stipendien für das College bekommen. Wenn man an einem Schulsport als Austauschschüler teilnimmt, dann muss man meistens die Try-Outs bestehen. Diese sind gar nicht so leicht, da die Teams meistens nur aus den Besten der Besten bestehen. Meine High School hat leider keinen Sport angeboten, den ich in Deutschland gemacht habe, was für mich kein Problem war, da ich offen für einen neuen Sport war.

Es kann jedoch dazu kommen, dass die Trainer sehr streng sind und es dir nicht erlauben, als kompletter Neuling mit zu trainieren. Dies war bei mir leider der Fall. Erst war ich etwas bedrückt, dass ich nicht regelmäßig Basketball mitmachen durfte, da ich sehr interessiert an dem Sport war. Jedoch habe ich vorher nie gespielt und war dementsprechend leider nicht gut genug, um es in das Team zu schaffen.

Davon sollte man sich jedoch nicht abschrecken lassen. Es gibt jede Menge andere Dinge, an denen man teilnehmen kann. Meine Schule hat auch viele Clubs angeboten, an denen man nachmittags teilnehmen kann. Durch meinen Theater-Kurs hatte ich schon relativ viel außerhalb der normalen Schulstunden zu tun, sodass ich in diesen Kurs auch viele meiner engsten Freunde gefunden habe.

Oft habe ich nach der Schule meine Hausaufgaben gemacht und dann Zeit mit meiner Gastfamilie verbracht. Meine Gastmutter war eine Betreuerin einer Pfadfindergruppe. Oft habe ich ihr bei Vorbereitungen für Events geholfen oder bin mit ihr zu Events gefahren. Häufig bin ich auch mit meinem Gastbruder mit unseren Fahrrädern durch den Ort gefahren und sind zum Beispiel Eis essen gefahren.

Viele Tage habe ich mich auch nach der Schule mit amerikanischen Freunden getroffen, die keinen Sport gemacht haben oder bei denen die Saison schon zu Ende war. Dann sind wir zu Starbucks gegangen, zum Eis essen oder sind an einen naheliegenden See gefahren.

Etwas, was ich sehr genossen habe, waren die vielen Sportevents. Football, Fußball, Basketball und so weiter. Alles hat immer unglaublich viel Spaß gemacht zuzugucken, da viele Schüler zum unterstützen gekommen sind. »School Spirit« wird an amerikanischen High Schools nämlich sehr großgeschrieben. Die Footballspiele hatten unterschiedliche Mottos, also haben wir einmal alle Hawaii Hemden getragen oder bei einem anderen Spiel haben alle pink getragen, um auf Brustkrebs aufmerksam zu machen. Bei solchen Sportevents wird geklatscht, geschrien, gesungen, einfach alles. Es hat mich richtig glücklich gemacht, mit all meinen Freunden zusammen zu sein und unser Sportteam zu unterstützen.

Freunde finden

Wie bereits erwähnt habe ich viele meine Freunde in der Schule in meinen Kursen kennengelernt. Ich persönlich fand, dass man etwas auf die Menschen zugehen muss. Außerdem muss man zeigen, dass man bereit ist, neue Freundschaften zu schließen. Ich habe bemerkt, dass viele Teenager dich erst interessant finden, aber dann das Interesse verlieren. Ich habe dann versucht, weiterhin auf diese Leute zuzugehen, sodass sie merken, dass ich auch interessiert an ihnen bin und dass ich befreundet sein will.

Ich war mehr mit Einheimischen befreundet, jedoch habe ich mich gegen Ende meinen Auslandaufenthaltes sehr gut mit einem anderen deutschen Mädchen angefreundet. Es ist auch sehr gut, wenn man Freunde hat, die das gleiche durstehen wie du, da sie dich verstehen. Ich habe viel mit ihr über meine Probleme reden können, da sie es einfach besser verstehen konnte als die Einheimischen.

Sprache und Kultur

Seid auf keinen Fall schüchtern, weil ihr nicht gut Englisch sprechen könnt. Meiner Erfahrung nach ist es Amerikanern total egal, wenn du ein Akzent hast, oder wenn dein Englisch nicht perfekt ist. Im Gegenteil, viele Leute haben mich auf meinen Akzent angesprochen und so sind wir ins Gespräch gekommen. Manchmal war ich etwas unsicher, da ich mir nicht sicher war, ob ich die richtigen Worte benutze oder manchmal wusste ich ein Wort auch einfach nicht. Aber auch das ist gar kein Problem. Dann habe ich einfach gefragt und dann was dazu gelernt. Seid also auf keinen Fall schüchtern, wenn es um die Sprache geht. Ihr seid da zum Lernen. Und ganz nebenbei… die meisten Amerikaner können gar keine zweite Fremdsprache, sondern können nur Englisch sprechen, also seid ihr ihnen schon immer einen Schritt voraus.

Einen richtigen Kulturschock hatte ich nicht, ich kenne aber viele, die einen hatten. Eine große Veränderung war das Essen. Alles ist etwas fettiger und größer, aber es ist auch in Amerika möglich, sich gesund zu ernähren. Man muss nur eine gute Balance finden. Meine Gastfamilie war auch total begeistert davon, wenn ich mal vorgeschlagen habe, etwas anderes zu kaufen, als das was sie sonst kaufen.

Fazit

Ich habe mein Auslandsjahr sehr genossen. Es war so ein einmaliges und unglaublich tolles Erlebnis. Ich habe mir ein zweites Leben aufgebaut, auf der anderen Seite der Welt und ich habe immer noch Kontakt dorthin. Ich kann nur jedem empfehlen, den Schritt zu wagen.

Natürlich gibt es auch schwierige Zeiten. Das har jeder. Ich habe Heimweh bekommen. Dann habe ich gerne einmal mit meinen Eltern telefoniert und danach bin ich oft mit meiner Gastschwester Eis essen gefahren, damit ich mich ein bisschen ablenken kann. Das hat oft geholfen.

Es gab auch Tage, an denen es einfach nicht gut lief, alles war irgendwie blöd, die Schule war anstrengend oder langweilig und dann nerven einen auch noch die Gastgeschwister. Ich habe gelernt, dass es dann wichtig ist, sich zurückzuziehen und ein bisschen für sich zu sein, da man seine schlechte Laune sonst an Menschen auslässt, die eigentlich gar nichts dafür können.

Mein Auslandsjahr hat mich viel selbstbewusster gemacht. Ich kann viel besser mit neuen Situationen umgehen. Außerdem fällt es mir viel leichter, auf andere Menschen zuzugehen. Eine der größten Dinge, die ich gelernt habe, war jedoch, dass ich immer darauf achte, wie es mir in bestimmten Situationen geht. Oft habe ich so gehandelt, dass es den anderen Menschen gut geht. Dabei habe ich vergessen, dass es mir dabei schlecht geht. Es ist wichtig, dass man manchmal auch einen Schritt zurück geht und über seine eigenen Gefühle nachdenkt. Ihr dürft nämlich auch glücklich sein.

Vielleicht würde ich mittlerweile einige Dinge anders machen. Jedoch denke ich mir auch, dass es einen Grund gab, warum ich die Dinge so gemacht habe und dass alles so passiert ist, wie es letztendlich passiert ist.

An alle, die sich vielleicht noch nicht sicher sind, ob sie ins Ausland gehen sollen: Do it! Ihr werdet so viel erleben, an was ihr euch euer ganze Leben lang noch erinnern könnt. Wenn wir warten, bis wir bereit sind, dann warten wir nämlich für den Rest unseres Lebens.

»Take every chance you get in life, because some things only happen once.«

Und an alle, die schon wissen, dass sie bald ins Ausland gehen: Genießt es. Genießt es jeden einzelnen Tag, da es so schnell wieder zu Ende ist. Nehmt die Dinge nicht zu ernst, denkt jeden Tag daran zu lachen und lebt euer Leben so wie ihr es möchtet. Seid glücklich.

Eure Mia