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Das Jahr, das mein Leben auf den Kopf stellte

Das Jahr, das mein Leben auf den Kopf stellte

Nach jahrelangem Nerven konnte ich meine Eltern endlich dazu überreden – und endlich hieß es: Goodbye Germany, G‘day Straya!

Es war das Jahr, als sich mein allergrößter Wunsch endlich erfüllte – nach jahrelangem Nerven konnte ich meine Eltern endlich dazu überreden, den Vertrag für ein Auslandsjahr in Australien zu unterschreiben, und ab da hieß es dann: Goodbye Germany, G‘day Straya!

Wie alles anfing…

Am 16. Januar war der große Tag endlich da. Mit gerade mal 15 Jahren saß ich am Münchner Flughafen und war kurz davor das erste mal alleine zu fliegen – und zwar gleich ans komplett andere Ende der Welt. Ein bisschen mulmig war mir bei der Sache schon, jedoch wusste ich, dass ich die besten sechs Monate meines Lebens vor mir hatte!

Durch das Australien Select-Programm verschlug es mich nach Yeppoon, ein kleines Städtchen an der Ostküste Australiens im schönen Staat Queensland. Bei -18°C ging es in Deutschland los, bei 42°C kam ich am Flughafen Rockhampton an. Auf der halbstündigen Autofahrt zum Haus meiner Gastfamilie kam ich aus dem Staunen nicht mehr raus, alles war saftig grün, bunte Blumen, Palmen und ein hellblaues Meer! Auch wenn ich noch nie auf Hawaii war, aber ein bisschen erinnerte es mich daran.

Meine Gastfamilie

Mein Leben wäre nicht mein Leben, wenn nicht immer was schief gehen würde. So traurig wie es auch war, aber ich musste mir nach Wochen endlich eingestehen, dass meine erste Gastfamilie leider nichts für mich war. Ich will keine schlechten Wörter über die Familie verlieren, aber aus der einfach nicht passenden Chemie habe ich gelernt, dass es okay ist, dass man sich nicht mit allen verstehen muss, mit manchen Leuten passt es einfach nicht und man soll ja auch nichts erzwingen. Also ging es für mich im März, kurz vor meinem 16. Geburtstag, zu meiner neuen Gastfamilie auf eine Farm. Ich habe es geliebt! Meine Gastmutter, ein 10-jähriger Gastbruder, und ganz ganz viele Tiere. Kühe, Pferde, Hühner, Gänse, und mein absolutes Highlight waren unsere drei Hunde. Meinen Gastvater habe ich leider nur einmal kurz zuhause und während unseres einwöchigem Urlaub in New South Wales gesehen, da er durch die Arbeit sehr viel reisen musste. Bis heute noch habe ich noch ab und zu Kontakt zu meiner Gastfamilie, letztes Jahr im Sommer, als ich wieder zu Besuch war, habe ich mich auch öfter mit meiner Gastfamilie getroffen und ich bin überaus froh gewechselt zu haben.

Meine Schule

Spätestens nach meinem ersten Schultag war mir bewusst, dass ich mit Yeppoon die richtige Wahl getroffen habe. Die Yeppoon State High School ist eine relativ kleine Schule mit ca. 1200 Schülern, vom Jahrgang 8 bis 12, ich persönlich war in Year 11. Insgesamt hatte ich nur 6 Fächer: Englisch, Mathe A oder B je nachdem auf welchem Level man ist (aufgrund des deutschen Schulsystems war ich in B, was fortgeschritten ist), Marine Science (Meeresbiologie), Art (Kunst), Hospitality (Kochen) und PE (Sport). Da man in jedem Fach in einem anderen Kurs war, war es relativ einfach Anschluss an die Aussies zu finden. An meiner Schule waren, zum Glück, auch nur insgesamt vier andere Austauschschüler, da es normalerweise üblich ist, dass alle Internationals unter sich befreundet sind, anstatt mit den Leuten vor Ort.

Mein Schulweg war auch jeden Tag aufs Neue was besonderes. In meiner ersten Gastfamilie wurde ich mit meinen Gastschwestern mit dem Auto zur Schule gefahren, bei meiner zweiten jedoch bin ich jeden Morgen mit den Hunden an meiner Seite zur Straße vorgelaufen, was auf einer Farm nicht nur 10 Sekunden dauert, und dort dann mit dem Bus durch alle kleinen Dörfer bzw. Wohnsiedlungen gefahren, durch Wälder, Felder, Wiesen, es war einfach nur atemberaubend. Das noch bei Sonnenaufgang! Ab und zu hat man auch süße Kängurus erblicken können :)

Meine Freunde & Freizeit

Nachdem die Schule um 15 Uhr aus war, bin ich direkt mit Freunden ins Einkaufszentrum gegangen, um Snacks für den Strand zu kaufen. Auch im australischen Winter war es noch warm genug, um am Strand baden zu gehen, zumindest wenn man Deutscher ist, die Aussies sind da schon eher pingelig. Aber mal unter uns, die bekommen bei 20°C schon Angstzustände, dass sie erfrieren. Jedes Mal waren wir an einem anderen Strand, entweder direkt der Main Beach in Yeppoon, in Lammermoor, Mulambin, je nachdem auf was wir Lust hatten. Meistens saßen wir danach noch mit einer Melone im Park und haben Musik gehört, bis wir dann abends mit dem Bus nach Hause gefahren sind. Am Wochenende war immer mehr los, mal fuhr man mit Freunden nach Rockhampton auf eine Art Volksfest oder in die Shopping Mall und ab und zu wurden uns Internationals Surfkurse angeboten. Immer hat man neue Leute kennengelernt, die einen sofort ans Herz gewachsen sind, egal wo man hinging.

Die Sprache und Kultur

Mit der Sprache bin ich von Tag eins an super klargekommen, da ich zuhause schon viele Filme und Bücher auf Englisch gesehen/gelesen habe. Auch YouTube-Kanäle von Amerikanern haben mir sehr geholfen, mal einen Einblick in das »richtige« Englisch zu bekommen, und nicht das Schulenglisch was uns beigebracht wird. Auch wenn ich schon vorher super in Englisch war, heißt das noch lange nicht, dass ich trotzdem teilweise 3-4 mal nachfragen musste was denn ein Capsicum ist (australisch für bell pepper = Paprika) oder generell den australischen Slang. Meinen Gastvater konnte ich anfangs zum Beispiel überhaupt nicht verstehen, da er sehr genuschelt hat, aber sobald sie davon wissen, versuchen sie deutlicher zu sprechen, solange bis man sich dran gewöhnt hat. Auch im Matheunterricht und in Hospitality bin ich am Anfang des Öfteren in Fettnäpfchen getreten, anstatt pineapple hab ich oft ananas (natürlich englisch betont) oder „epsilon“ für Y gesagt, was natürlich auch falsch ist.. bei Ananas wusste man noch was ich will, aber bei der Gleichung in Mathe war das nicht der Fall. Was wiederum sehr amüsant war, war die Neugier der Australier, die unbedingt deutsche Wörter lernen wollten. Unser Mathelehrer konnte am Ende der 6 Monate endlich Mitternachtsformel aussprechen, und meine Freunde wussten äußert sinnvolle Wörter wie Kieferknochen oder Kugelschreiber.

Fazit

Alles was ich zu meinem Auslandsjahr sagen kann ist: Es war ein Traum! Mein Traum :)

Ab und zu hatte ich sehr Heimweh, es gab auch nicht all zu schöne Erfahrungen aber ich habe die ganze Reise keine Sekunde lang bereut! Seitdem ich einmal dort war, ist es wie eine Sucht geworden. Immer wieder zieht es mich nach Down Under obwohl es noch so viele andere schöne Flecke auf dieser Erde gibt. Erst letztes Jahr im Sommer war ich wieder dort, und dieses Jahr Dezember ist ein weiter Trip nach Straya geplant. Durch Stepin und mein Auslandsjahr habe ich meine Liebe fürs Reisen entdeckt, und außerdem habe ich mich entdeckt. So klein und naiv wie ich hingegangen bin, bin ich nicht zurückgekommen. Ich habe viel daraus gelernt, sei es auch nur dass man aus Fehlern lernt oder dass Selbstbewusstsein nicht ist, dass ich davon ausgehe, dass mich jeder mag, sondern dass ich okay damit bin, wenn sie es nicht tun. Australien ist ein ganz großer Teil und eine Leidenschaft von mir geworden, und ich bin meinen Eltern und Stepin äußerst dankbar dafür, dass so eine Erfahrung für mich möglich geworden ist!

Ein Tipp noch an zukünftige Internationals: Lasst euch nicht runterkriegen, von nichts und niemanden! Traut euch, wenn es wirklich das ist, was ihr unbedingt wollt. Es wird zwar nicht immer alles perfekt laufen, aber es ist es absolut wert, da es euch euer Leben lang bereichert, nicht nur euren Lebenslauf.